Kultur am Bettrand

Die Initiantin Shirley Grimes war im Dezember zusammen mit Tinu Heiniger bei uns zu Gast. Wir haben die Gelegenheit genutzt, mit ihr über dieses besondere Projekt zu sprechen, das Musik und Kultur zu Menschen bringt, die aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst ins Theater kommen können

Was ist «Kultur am Bettrand»?

«KULTUR AM BETTRAND ist ein Pro­jekt, das Kul­tur zu Men­schen bringt, die aus gesund­heitlichen Grün­den nicht mehr aktiv an kul­turellen Ange­boten teil­nehmen kön­nen. Pro­fes­sionelle Kul­turschaf­fende treten in einem pri­vat­en Rah­men auf – sei es in Kranken­häusern, Pflege­heimen oder direkt bei den Men­schen zu Hause. Dabei gibt es Ange­bote für alle Alters­grup­pen. Ziel ist es, Momente des Trostes, der Freude und Inspi­ra­tion zu schaf­fen. Beson­ders wichtig: Unser Ange­bot ist für die Betrof­fe­nen kosten­los.»

Was hat dich dazu inspiriert, Kultur an den «Bettrand» zu bringen?

«Das ist eine lange und sehr per­sön­liche Geschichte. Eine zen­trale Rolle spielte die Frage, wie es für mich mit der Musik weit­erge­hen soll. Ich hat­te schon lange den Wun­sch, Musik an Orte zu brin­gen, an denen sie auf eine sehr per­sön­liche Weise wirken kann – wusste aber nie genau, wie das ausse­hen kön­nte.

Eines Tages erhielt ich einen Anruf von ein­er Fre­undin, bei der ein Hirn­tu­mor diag­nos­tiziert wor­den war. Sie erzählte mir, wie sehr sie die Musik ver­misse, und fragte, ob ich zu ihr nach Hause kom­men und für sie sin­gen würde. In diesem Moment hat­te ich die Antwort auf meine Frage. Am Ende des Gesprächs wusste ich: Ich muss Kul­tur an den Bet­trand von isolierten Men­schen brin­gen.

Ich dachte mir, wenn ich diesen Wun­sch habe, gibt es bes­timmt auch andere Kul­turschaf­fende, die solche Momente schaf­fen möcht­en – und genau­so war es. Heute sind über 60 Kul­turschaf­fende aus den unter­schiedlich­sten Stil­rich­tun­gen Teil des Pro­jek­ts, und es wer­den stetig mehr.»

Shirley Grimes, Initiantin des Projekt an einem Auftritt am Bettrand
Shirley Grimes, Ini­tiantin des Pro­jek­ts an einem Auftritt am Bet­trand

Wie läuft ein Auftritt ab?

«Das hängt davon ab, wo der Auftritt stat­tfind­et.

Im Spi­tal: Wir besuchen an einem Nach­mit­tag mehrere Kranken­z­im­mer und geben in jedem ein kurzes, pri­vates Konz­ert. Diese kleinen Konz­erte wer­den sehr geschätzt.
Zuhause: Hier dauert ein Konz­ert länger und find­et im engen Kreis von Fam­i­lie und Fre­un­den statt. Bis zu 10 Per­so­n­en kön­nen dabei sein. Die Auftritte kön­nen aber auch eins zu eins stat­tfind­en – je nach Wun­sch und Bedürf­nis der Per­son.

Die Konz­erte müssen nicht unbe­d­ingt am Bet­trand stat­tfind­en. Manch­mal sitzen wir im Garten oder in der Stube, manch­mal gibt es Tee und Kuchen, und manch­mal bleibt es bei einem kurzen Besuch, wenn mehr nicht möglich ist. Alles wird indi­vidu­ell an die Bedürfnisse der betrof­fe­nen Per­son angepasst.»

Gibt es einen Moment oder eine Geschichte aus dem Projekt, die dich besonders bewegt hat?

«Ja, es gibt viele bewe­gende Momente. Natür­lich gibt es die Momente, in denen man sieht, wie sehr die Musik die Zuhörer:innen berührt und ihnen gut­tut.

Aber was mich beson­ders bewegt, sind die kurzen Tele­fonate mit den Men­schen, die für ein Konz­ert anfra­gen. Oft fällt es ihnen unglaublich schw­er, sich etwas Gutes zu gön­nen oder ihre Bedürftigkeit zu zeigen. Manche brauchen viel Mut, um über­haupt anzu­rufen. Doch wenn sie es schaf­fen, merken sie, wie gut es tut – nicht nur die Musik, son­dern auch, sich selb­st etwas zuzugeste­hen. Diese Men­schen über diese Schwelle zu begleit­en, berührt mich jedes Mal aufs Neue.»

Was wünschst du dir von der Öffentlichkeit oder möglichen Unterstützer:innen für die Zukunft von «Kultur am Bettrand»?

«Das Pro­jekt ist noch sehr jung, und viele Men­schen ken­nen unser Ange­bot noch nicht. Ich wün­sche mir, dass die Öffentlichkeit über uns berichtet, damit mehr Men­schen davon erfahren. Wir ver­schick­en gerne Fly­er, die weit­er­verteilt wer­den kön­nen – diese kön­nen schnell und unkom­pliziert per E‑Mail bestellt wer­den. Alle Infor­ma­tio­nen und den Kon­takt ist auf www.kulturambettrand.ch zu find­en.

Natür­lich freuen wir uns auch über Spenden, die uns helfen, unser Ange­bot weit­er auszubauen und langfristig zu sich­ern.»

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